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Differenzierte Empfehlung zur prähospitalen Stabilisierung des Beckens

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Erleidet ein Traumapatient eine Beckenverletzung, bei der der Beckenring auseinanderklafft (Open-book-Fraktur), kann die Anlage eines kommerziell erhältlichen externen, nichtinvasiven Beckenstabilisators – umgangssprachlich auch Beckenschlinge genannt – indiziert sein. Durch die frühzeitige Anlage eines nichtinvasiven Beckenstabilisators am Einsatzort oder im Schockraum soll der Beckenring geschlossen werden, um den pelvinen Blutverlust zu reduzieren. Obgleich bei etwa einem Drittel aller Mehrfachverletzten eine Beckenfraktur nachweisbar ist, ist die Inzidenz mechanisch instabiler Beckenfrakturen, vor allem in Kombination mit einer pelvin bedingten hämodynamischen Instabilität, selten. Dadurch, dass in Rettungsmitteln externe, nichtinvasive Beckenstabilisatoren fast flächendeckend verfügbar sind und die Anwendung in Kursen der strukturierten Versorgung von Unfallverletzten zum Ausbildungsstandard gehört, werden immer mehr Verletzte mit angelegter Beckenschlinge in Kliniken eingeliefert.

Die Arbeitsgruppe Trauma des Deutschen Rats für Wiederbelebung (GRC), der auch Martin Kulla aus der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin u. Schmerztherapie des Ulmer Bundeswehrkrankenhauses angehört, hat nun in einem Beitrag für die Springer-Zeitschrift Notfall- und Rettungsmedizin die Indikationen und Kontraindikationen für die Anlage externer, nichtinvasiver Beckenstabilisatoren diskutiert.

Roessler, M., Buschmann, C., Gliwitzky, B., Hoedtke, J., Kulla, M., Wurmb, T., Kleber, C.

Externe, nichtinvasive Beckenstabilisatoren – wann ist die Anlage indiziert?

Notfall + Rettungsmedizin 2021, http://doi.org/10.1007/s10049-021-00852-6

Im Fazit empfehlen die Autoren:

  • Bei einer instabilen Beckenringfraktur muss zwischen einer isolierten mechanischen Instabilität des Beckens und einer durch die Beckenringfraktur verursachten hämodynamischen Instabilität unterschieden werden.
  • Am Einsatzort sollte behutsam eine einmalige orientierende Prüfung des Beckens auf mechanische Instabilität hin erfolgen, da ein Traumapatient mit mechanisch instabiler Beckenringfraktur möglichst primär in ein überregionales Traumazentrum transportiert werden sollte.
  • Ist das Becken bei der orientierenden manuellen Untersuchung mechanisch stabil, ist eine pelvin bedingte Kreislaufinstabilität unwahrscheinlich und ein Nutzen des Beckenstabilisators nicht zu erwarten.
  • Ein externer, nichtinvasiver Beckenstabilisator kann den Blutverlust aus venösen Plexus und/oder spongiösen Knochen reduzieren.
  • Mit einem Beckenstabilisator lässt sich ein Blutverlust aus arteriellen Blutungsquellen nicht kontrollieren. Stabilisiert sich die Hämodynamik nach Anlage nicht, muss nach arteriellen intra- und extrapelvinen Blutungsquellen gesucht werden. Wenn möglich müssen solche Patienten primär in ein geeignetes Traumazentrum transportiert werden.
  • Vor Anlage eines Beckenstabilisators muss sowohl die Unfallkinetik als auch die klinische Untersuchung berücksichtigt werden, da bei falscher Indikation Sekundärschäden die Folge sein können.
  • Die Anlage eines Beckenstabilisators ist bei mechanisch instabilen Beckenringfrakturen und gleichzeitiger hämodynamischer Instabilität indiziert.
  • Bei Indikation eines Beckenstabilisators muss der Verletzte zeitkritisch in ein geeignetes Traumazentrum transportiert werden.

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