Die Anschläge vom 13.11.2015 in Paris sind uns noch allen gut in Erinnerung. In inzwischen drei beachtenswerten Beiträgen berichten französische Kollegen über die Abläufe jenes Abends und machen letztlich zwei Dinge deutlich:
Vorbereitung ist nötig auch für solche nicht planbaren Ereignisse und die Grundsätze der taktischen Medizin sollten im Angesicht einer terroristischen Bedrohung auch vom zivilen Rettungsdienst gekannt und beachtet werden.
So beschreiben Martin Hirsch et al. (Hirsch M, Carli P, Nizard R, et al. The medical response to multisite terrorist attacks in Paris. Lancet 2015; 386: 2535–8), dass von 60 Mobile Medical Teams des SAMU ein Viertel zurückgehalten und nicht eingesetzt wurde, um auf nicht auszuschließende weitere Anschläge reagieren zu können. Außerdem führen die Kollegen aus, der Bedarf an Tourniquets sei trotz Vorhaltung so hoch gewesen, dass das Personal dieser Mobile Medical Teams ohne Gürtel zurück in die Kliniken gekommen sei.
Charlotte Haug (Haug CJ. Report from Paris. NEJM 2015; 373: 2589–93) beschreibt sehr plastisch, wie eine Notaufnahme in der Nähe die ersten Patienten bekam, ohne zu wissen, was eigentlich passiert war und erläutert die Entscheidung trotz ausreichenden Personals, welches ohne Alarmierung auf eigene Veranlassung hin die Klinik erreichte, nicht alle OP-Säle zu betreiben, um jederzeit auf neu ankommende Schwerverletzte reagieren zu können.
Schließlich beschreiben Kollegen des Service Médical du RAID (Ärzte einer Anti-Terror-Einheit der französischen Polizei) wie während des Zugriffs in der Konzerthalle Bataclan Patienten gesichtet und und nach den Grundsätzen der „Taktischen Medizin“ in den verschiedenen Gefahrenzonen versorgt wurden (Service Médical du RAID. Tactical emergency medicine: lessons from Paris marauding terrorist attack. Critical Care, 2016; 20: 37). Dabei wurden im unsicheren Bereich lediglich auf Blutstillung durch den Einsatz von Tourniquets und hämostyptischen Kompressionsverbänden geachtet, sowie zwei Thoraxentlastungen durchgeführt (Combat Casualty Care). Selbst in einem teilsicheren Bereich („kein Beschuss, jedoch immer noch die Bedrohung durch Explosivstoffe“) wurde nur das Personal der Spezialeinheit und nicht der Regelrettungsdienst eingesetzt (Tactical Field Care).
Dieses Vorgehen nach den Grundsätzen der Taktischen Medizin wird auch das Thema der zweiten Combat Medical Care (CMC) Conference am 29./30. Juni in Ulm/Neu-Ulm sein. Wir freuen uns ganz besonders Kollegen, die an der Versorgung von 13.11.15 und auch an den oben beschriebenen Artikeln beteiligt, waren als Referenten auf der CMC-Conference begrüßen zu dürfen.